Am 1. Dezember 2010 wurden die Ergebnisse des Forschungsvorhabens zu Mietnomaden der Universität Bielefeld von Prof. Dr. Artz und Prof. Dr. Jacoby vorgestellt. Von den beteiligten Verbänden hatte allein Haus & Grund Betroffene an die Universität Bielefeld vermittelt. Insgesamt erhielten die Professoren 1.549 Kontakte, denen die Möglichkeit zur Teilnahme an der Online-Befragung und in Ausnahmefällen an einer Telefonbefragung gewährt wurde. Insgesamt wurden 973 Fragebögen beantwortet, von denen 939 verwertbar waren. Der Pool der Befragten waren Personen, die nach ihrem eigenen Empfinden einem Mietbetrüger zum Opfer gefallen waren.
Aus diesen Betrugsfällen sortierten die Professoren die Fälle aus, die nach ihrem Dafürhalten das Kriterium „Mietnomade“ erfüllten. Dies war der Fall, wenn mindestens eine der folgenden Aussagen auf den Fall zutraf:
• Typ 1: Der Mieter hat nie Miete gezahlt.
• Typ 2: Der Mieter hat innerhalb der ersten drei Monate die Zahlung der Miete eingestellt.
• Typ 3: Der Mieter hat vor Vertragsabschluss falsche Angaben über seine Solvenz gemacht.
• Typ 4: Der Mieter hat die Kaution nicht gezahlt.
In den 939 Fragebögen war 210-mal der Typ 1, 426-mal der Typ 2, 266-mal der Typ 3 sowie 380-mal der Typ 4 vertreten. Zum Teil überschnitten sich die Kriterien.
Bei der Studie handelt es sich um eine nicht repräsentative Studie. Das heißt, es wurde nicht aus einer repräsentativ ermittelten Gruppe von Vermietern die Zahl der betroffenen Vermieter ausgesucht, sondern es wurden ausschließlich Personen, die aus ihrer Sicht Opfer von Betrügern waren, an der Umfrage beteiligt. Deswegen lassen die Zahlen keinen Schluss darauf zu, wie viele Mietnomadenfälle es bundesweit gibt.
Darüber hinaus hat die Universität Bielefeld nicht alle von Haus & Grund vermittelten Kontaktpersonen befragt. Ab einem gewissen Zeitpunkt keine Meldungen mehr entgegengenommen, da die Befragung der Studie begonnen hatte.
Aus den untersuchten Fällen ließen sich folgende Erkenntnisse gewinnen:
• Vorvertragliches Vermieterverhalten: Nur ein Drittel der Vermieter hatte vor Vertragsabschluss Informationen über den Mieter eingeholt. Unabhängig davon war jeweils ca. ein Drittel der Vermieter Opfer eines Mietnomaden im Sinne der Studie der Universität Bielefeld geworden. Die Einholung von Vorabinformationen (die Universität hat nicht abgefragt, welche Informationen eingeholt wurden) hatte damit keine Auswirkungen darauf, ob der Vermieter Opfer eines Mietnomaden wurde oder nicht.
• Zeitpunkt kompletter Zahlungseinstellung: Insgesamt ermittelte die Universität Bielefeld 426 Fälle kompletter Zahlungseinstellung binnen der ersten drei Mietmonate. Spätere Zahlungseinstellungen erkannte die Universität Bielefeld nicht an. In weiteren 211 Fällen kam es zu einer kompletten Zahlungseinstellung in den Monaten 4 bis 6. Demnach lässt sich die Zahl von 637 Mietnomadenfällen feststellen, wenn man für den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung auf die ersten 6 Monate des Mietverhältnisses abstellt.
• Begründung der Zahlungsverweigerung: In nur 27 Prozent aller von der Universität Bielefeld anerkannten Fälle wurde als Begründung für die Zahlungsverweigerung eine Mietminderung angeführt. Damit sahen sich ca. drei Viertel aller Mietnomaden nicht einmal dazu veranlasst, die Nichtbezahlung der Miete in irgendeiner Weise „zu rechtfertigen“.
• Zeitspanne Kündigungsgrund bis Ausspruch der Kündigung: Die Zeitspanne betrug durchschnittlich 6 Wochen. Allerdings gab es hiervon erhebliche zeitliche Abweichungen, weswegen der Wert von den Wissenschaftlern als nicht aussagekräftig angesehen wird.
• Schäden: Folgende Schadensart lag in der angegebenen Prozentzahl von Fällen vor:
o Mietausfall 98 %
o Substanzschaden 69 %
o Verfahrenskosten 48 %
o Vollstreckungskosten 31 %
o Rechtsanwaltskosten 52 %
o Möbeleinlagerungskosten 18 %
• Schadenshöhe: In den von den Wissenschaftlern anerkannten Mietnomadenfällen kam es mit folgender Häufigkeit zu Schäden in Höhe von:
o 0 bis 2.500 Euro: 18 %
o 2.500 bis 5000 Euro: 26 %
o 5.000 bis 10.000 Euro: 27 %
o 10.000 bis 20.000 Euro: 19 %
o 20.000 bis 50.000 Euro: 7 %
o 50.000 bis 100.000 Euro: 1 %
o über 100.000 Euro: 0,7 % (Werte gerundet)
Damit hatten 90 Prozent der Fälle eine Schadenshöhe von bis zu 20.000 Euro aufzuweisen. Es gab aber auch fast 1 Prozent von Fällen mit Schäden von über 100.000 Euro.
• Gerichtliche Verfahren: In 75 Prozent der Fälle wurde eine Räumungsklage erhoben. Erstaunlich war, dass in den Fällen, in denen eine Räumungsklage nicht erhoben wurde, zu 70 Prozent die Kosten für den Vermieter zu hoch waren; zweitwichtigster Grund für die Nichterhebung der Räumungsklage war die psychologische Beeinträchtigung des Vermieters durch einen solchen Rechtsstreit.
• Zeitraum zwischen Kündigung und Räumungsklage: In 68 Prozent der Fälle wurde eine Räumungsklage binnen 3 Monaten nach der Kündigung eingereicht.
• Dauer des Räumungsverfahrens: Nur in einem Drittel der Fälle kam es zu einem Räumungsverfahren, das lediglich bis zu 2 Monaten dauerte. In immerhin 28 Prozent der Fälle dauerte allein das Räumungsverfahren 7 bis 24 Monate.
• Antrag auf Härtefall: Ein Antrag auf Härtefall wurde in insgesamt 10 Prozent aller Mietnomadenfälle gestellt.
„Die Studie macht deutlich, dass es Mietbetrug in Deutschland gibt“, resümiert der Vorsitzende von Haus & Grund Rheinland, Prof. Dr. Peter Rasche. Die Zahl der gefundenen Opfer war angesichts der wenigen Hinweise auf die Studie hoch. „Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der von Haus & Grund errechneten Mietnomadenfälle von ca. 12.000 noch überschritten wird“, so Rasche weiter. Das Gutachten macht des Weiteren deutlich, dass Substanzbeschädigungen typischerweise mit zu einem Mietnomadenfall zählen. Erfreulich ist, dass die große Zahl der Mietnomadenfälle von den Gerichten schnell behandelt wird. Bedauerlich ist, dass die Studie nicht verrät, wie lange die Mietnomadenopfer insgesamt von den Tätern terrorisiert wurden. Nach Auskunft der beiden Professoren ließe der Fragebogen eine Addition der einzelnen Werte aus dogmatischen Gründen nicht zu, so dass die „Leidenszeit“ eines Vermieters nicht ermittelbar sei.